Ausgabe 2021

Position beziehen, Haltung zeigen!

Position beziehen, Haltung zeigen!

„Die Welt ist am Beginn eines Jahrzehnts im Umbruch, deshalb können wir nicht im Stillstand verharren.“ – Mit diesen Worten leitet der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung ein, die sich in einem weiteren Jahr der Pandemie neu aufgestellt hat. In der Tat erwarten wir von der neuen Regierung mehr denn je Gestaltungswillen, aber auch Mut, Bestehendes im Sinne unserer Versicherten im Saarland, in Hessen und in Rheinland-Pfalz neu zu denken.

Denn wir sind entschlossen, auch in Zeiten der Krise und des Umbruchs das zu tun, was uns als regionale Krankenkasse verpflichtet und tagtäglich antreibt: die bestmögliche Gesundheitsversorgung unserer Versicherten und Mitglieder. Wir tragen als regionale Krankenkasse eine besondere Verantwortung für die Neuausrichtung des Gesundheitswesens und damit für unsere Versicherten und Betriebe.

Denn viele Herausforderungen warten auf Lösungen: die Etablierung einer fairen Finanzierung mit stabilen Beiträgen, die Beseitigung von strukturellen Defiziten und eine bessere Förderung der Prävention. Auch die Pandemie hat zu einem noch nie da gewesenen Stresstest für unser Gesundheitssystem geführt.

Thomas Lang, Geschäftsbereichsleiter Finanzen:

„Um langfristig stabile Beitrage zu gewährleisten, braucht es eine nachhaltige Finanzierungsstrategie, die das Kostenwachstum in der Gesetzlichen Krankenversicherung bremst. Die neue Bundesregierung sollte die Finanzverantwortung für zu Unrecht auf die Sozialsysteme verlagerte Ausgaben übernehmen. Das betrifft in erster Linie die versicherungsfremden Leistungen, zu denen auch die nicht auskömmlichen Beitragspauschalen für die Bezieher von Arbeitslosengeld II zählen.“

Angespannte Finanzen im Gesundheitswesen

Die Finanzlage des deutschen Gesundheitssystems ist zunehmend angespannt. Die Folgen der Covid-19-Pandemie haben nur sehr begrenzt zu dieser Entwicklung beigetragen. Sie hat das Kostenwachstum im Gesundheitswesen zeitweilig sogar gebremst, da weniger Patienten zum Arzt, zur Rehabilitation oder zur Vorsorge gingen und teure Operationen verschoben sowie Krankenhausbetten freigehalten wurden. Schon vor der Pandemie wurden gesundheitspolitische Entscheidungen getroffen, die langfristig zu einer finanziellen Mehrbelastung der Versichertengemeinschaft führen.

So wurden mit dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetz und dem Terminservice- und Versorgungsgesetz aus Versorgungssicht in Teilen durchaus sinnvolle, aber mit dauerhaften Mehrkosten von rund fünf Milliarden Euro pro Jahr sehr kostenintensive Gesetze erlassen. Zudem gab es in der vergangenen Legislatur strukturelle Veränderungen in der Arzneimittelversorgung, die zu einer Ausgabensteigerung bei den Gesetzlichen Krankenkassen von über drei Milliarden Euro führen. Noch etwas konkreter bedeutet das: Die unter anderem mit diesen Gesetzen verbundenen Ausgaben haben dazu geführt, dass die Differenz aus den Ausgaben der Gesetzlichen Krankenkassen und den Beitragseinnahmen in den vergangenen Jahren immer größer wurde.

Auch für das Jahr 2022 erwartet die IKK Südwest rund 4,6 Prozent mehr Ausgaben pro Kopf als noch 2021 für die Gesundheitsversorgung der Menschen in Hessen, Rheinland-Pfalz und im Saarland. Erschwerend kommt hinzu, dass die Gesetzlichen Krankenkassen mit einem politisch verordneten Vermögensabbau konfrontiert sind.

Dieser Entwicklung gilt es mit einem tragfähigen Finanzierungskonzept entgegenzutreten. Es ist zunächst einmal ein wichtiges Signal, dass die Parteien im vorliegenden Koalitionsvertrag eine auskömmlichere Finanzierung aufgreifen und diese aus Steuermitteln bezuschussen wollen. Denn wenn die Beitragsbelastung insgesamt über die 40-Prozent-Sozialgarantie steigen würde, wären kleine und mittlere Betriebe die Leidtragenden. Deswegen bedarf es umgehend einer längst überfälligen zukunftsfesten und kostensenkenden Strukturreform der Gesetzlichen Krankenversicherung. Dafür setzt sich die IKK Südwest ein.

Selbstverwaltung: stark und unabhängig

Die zunehmende Notwendigkeit von Bundeszuschüssen darf nicht dazu führen, dass die Autonomie der Selbstverwaltung eingeschränkt wird oder man sie sogar infrage stellt. Auch darf daraus keine zu große Abhängigkeit von staatlichen Entscheidungen erwachsen. Denn die ehrenamtliche Selbstverwaltung ermöglicht es uns, unsere Markenkernwerte „regional, persönlich, einfach“ tagtäglich für unsere Versicherten zu leben. Ein Gesundheitssystem ohne ehrenamtliche Selbstverwaltung ist für uns undenkbar. Die Selbstverwaltung trifft ausgewogene Entscheidungen im Sinne der Versicherten und Beitragszahler und ist damit ein zentraler Faktor für eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung – unabhängig von politischen Konstellationen.

Corona-Pandemie als zentraler Einflussfaktor

In der Pandemie hat die Gesetzliche Krankenversicherung im Hintergrund dafür gesorgt, dass die Versorgungsstrukturen auch unter Zeitdruck verlässlich funktionieren:
Intensivkapazitäten in den Krankenhäusern wurden erhöht, die Pflegeversicherung hat ebenfalls ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt. Auch für Pflegebedürftige und deren Angehörige wurden kurzfristig Erleichterungen geschaffen.

Es geht darum, die Versorgung und ihre Strukturen auch langfristig zu hinterfragen und, wenn nötig, zu optimieren. Denn für viele Menschen hört das Leiden selbst nach überstandener Infektion nicht auf. Die Datenlage zu Long Covid ist weder für Patienten noch für Leistungserbringer zufriedenstellend. Die Forschung zu Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten muss intensiviert und vom Gesetzgeber besser gefördert werden. Denn sie muss in absehbarer Zeit Antworten auf die Frage liefern, ob spezielle Therapiemöglichkeiten die Versorgung der Betroffenen besser und sicherer machen.

Die Frage der Versorgungsoptimierung betrifft auch die indirekten Gesundheitsfolgen der Pandemie: Die Belegungssituation der Kliniken zeigt, dass die außergewöhnlichen Belastungen durch Corona auch vermehrt zu Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen und Burn-out geführt haben.

Die Pandemie hat aus Sicht der IKK Südwest gezeigt, dass noch mehr Präventionsarbeit geleistet werden muss. Konkret sind Maßnahmen sinnvoll, mit denen Erkrankungen noch früher erkannt oder gar vermieden werden können. Das betrifft vor allem die stetig steigende Zahl an Neuerkrankungen bei Zivilisationskrankheiten wie Diabetes mellitus Typ 2, Adipositas und Bluthochdruck. Ein höherer Stellenwert der Prävention führt perspektivisch zu einer geringeren Krankheitslast in der Region.

Jürgen Becker, Geschäftsbereichs­leiter Unterneh­mensentwicklung:

„Technische Innovationen führen zu einem auf Dauer wirtschaftlicheren Gesundheitswesen und damit zu einer effektiveren Versorgungssteuerung. Unser Anliegen ist es, vielversprechende digitale und hybride Innovationen zu fördern, die Menschen dabei unterstützen, ihre Gesundheit selbst zu managen und zu stärken, Behandlungsergebnisse zu verbessern und das Leben mit Krankheit leichter zu machen.“

Innovationen vorantreiben

Die Gesundheitsversorgung lebt von innovativen Ideen. Dabei ist für uns entscheidend, dass der Wettbewerb aus Gesetzlicher und Privater Krankenversicherung als Innovationsmotor gestärkt wird. So kann auch künftig ein hoher Versorgungsstandard für gesetzlich Versicherte garantiert werden. Hierbei muss eine sogenannte Zweiklassenversorgung jedoch ausgeschlossen werden. So sind zum Beispiel unterschiedliche Wartezeiten bei Arztterminen für gesetzlich und privat Versicherte nicht akzeptabel.

Julia Ehm­-Kornab, Geschäftsbereichs­leiterin Versorgungs­management/Verträge:

„Die intersektorale Versorgung und die damit verbundene Überwindung von Sektorengrenzen zwischen ambulantem und stationärem Bereich gewinnt zunehmend an Bedeutung. Sie macht die Versorgung qualitativ besser und vor allem sicherer. Dabei geht es um eine verbesserte Kooperations-, Kommunikations- und Koordinierungsstruktur der Zusammenarbeit von Haus- und Fachärzten mit Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen.“

Innovativ handeln bedeutet für uns auch, die Chancen der Digitalisierung aktiv zu nutzen. Mithilfe digitaler Angebote können wir die Gesundheitsversorgung weiter ausbauen und wirtschaftlich gestalten, die Kommunikation mit Patienten und Versicherten kann dadurch noch individueller und effektiver werden. Ein schneller und sicherer Datentransfer ist hierfür die Basis, dazu gehört auch eine funktionierende und nutzerfreundliche Infrastruktur.

Die Pandemie hat der Digitalisierung in Deutschland einen Schub versetzt, den wir nun weiter nutzen möchten, um Innovationen voranzutreiben. Es wurden bereits große Schritte gemacht, beispielsweise mit dem Digitale-Versorgung-Gesetz. Es regelt, unter welchen Bedingungen digitale Gesundheitsanwendungen von den Krankenkassen erstattet werden.

Neben dem Ausbau unseres eigenen digitalen Angebots setzen wir uns auch für bessere digitale Strukturen in der Krankenkassenlandschaft ein.

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